Das belastbare Gehirn: Epigenetik, Stress und der Lebensverlauf und wie das soziale und physische Umfeld „unter die Haut“ geht
Das belastbare Gehirn
Eine gesunde Gehirnarchitektur bietet die Grundlage für ein gutes Selbstwertgefühl und einen Kontrollort für eine effektive Selbstregulierung, nicht nur des Verhaltens, sondern auch der physiologischen Reaktionen auf Stressfaktoren („Stressoren“), die vom zentralen und peripheren Nervensystem reguliert werden.
Das Gehirn ist das zentrale Organ für Stress und die Anpassung an soziale und physische Stressfaktoren, da es feststellt, was bedrohlich ist, Erinnerungen speichert und die physiologischen und Verhaltensreaktionen reguliert, die schädlich oder schützend sein können.
Belastbarkeit und Resilience
Belastbarkeit angesichts von Stress ist ein Schlüsselaspekt eines gesunden Gehirns, obwohl die Genexpression ein Gehirn zeigt, das sich mit der Erfahrung ständig ändert, denn die wandelbare synaptische Übertragung und die synaptische Plastizität sind die Grundlagen von Lernen und Gedächtnis .
Die Wiederherstellung stressbedingter Veränderungen der neuronalen Architektur nach Stress ist keine „Umkehrung“ (reversal), sondern eine Form der neuroplastischen Anpassung (resilience & redirection), die auch bei depressiven Stimmungsstörungen beeinträchtigt und mit zunehmendem Alter verringert sein kann.
Resilience, die„Spannkraft“, wäre die Fähigkeit, wieder glücklich, erfolgreich usw. zu sein, nachdem etwas Schwieriges oder Schlechtes passiert ist.
Der amerikanische Stressforscher Bruce S. McEwen unterscheidet drei Arten von Stress: positiver, tolerablen und toxischer Stress
Positiver Stress
- Hochgefühl nach einer Herausforderung, die ein zufriedenstellendes Ergebnis mit Belohnung hatte
- Gefühl des Könnens, der Beherrschung und von Kontrolle
- gutes Selbstwertgefühl
Tolerabler Stress
- negative Lebensereignisse, aber mit einer guten sozialen und emotionalen Unterstützung
- Gefühl des Könnens, der Beherrschung und von Kontrolle
- gutes Selbstwertgefühl
- die betroffene Person verfügt über gute seelische Widerstandskräfte (Resilienz)
Toxischer Stress – Mangel an einem Gefühl der Kontrolle
- Häufung täglicher Überforderungen, wobei die Person jedoch nicht resilient ist
- schlechte soziale und emotionale Unterstützung
Abb. Auswirkung von erhöhtem Stress auf die Leistungsfähigkeit des Körpers. Diese Effekte folgen in Dosis und Zeit einer „umgekehrten U-Form“ -Kurve. Die Zeitleiste zeigt, wie akuter und chronischer Stress und Altern des Gehirns mit der Intensität und Dauer des Stressors interagieren.
Einerseits kann sich der Körper durch den positiven und tolerablen Stress in ein physisches und mentales Optimum bringen oder durch toxischen Stress, bei Dauerstress (langanhaltender Stress) sich mit ständig erhöhten Cortisolwerten körperlich Kaputtmachen und seelisch Zermürben.
Stresshormone koordinieren Gehirn und Körper
Ein durch Stresshormone gesteuertes System, die HPA- Achse (Hypothalamus- Hypophysen- Nebennierenrinden- Achse mit ACTH = adrenocorticotrope Hormon, CRH / AV = corticotropin releasing Hormon / Arginin – Vasopressin und GABA = Gammaaminobuttersäure koordiniert Gehirn (Wahrnehmung=Kognition) und Körper (Reaktion=physische Möglichkeit sich der Gefahr zu entziehen).
Das fettlösliche Cortisol kann leicht die Blut-Hirn-Schranke passieren und beeinflusst die Expression zahlreicher Gene, indem Cortisol als sogenannter Transkriptionsfaktor fungiert.
Hemmung der Neurogenese
Eine hohe Cortisol-Konzentration bei lang andauernder sozialer Belastung hemmt die Neubildung der Neurone in der subgranulären Zone des Gyrus dentatus, einem Teil der Hippocampus-Formation, wo über die Langzeit-Gedächtnis-Speicherung entschieden wird.
Das Gehirn ist Ziel stressiger Erfahrungen, und Glukokortikoide sowie Neurotransmitter von exzitatorischen Aminosäuren, wie Glutaminsäure und Asparaginsäure, die als Aminosäure-Neurotransmitter, durch Wechselwirkung mit Glutamatrezeptoren eine Depolarisation der postsynaptischen Membran hervorrufen können, verändern die neuronale Architektur, indem sie je nach Hirnregion eine dendritische Retraktion oder Expansion und eine verminderte oder erhöhte Synapsendichte sowie eine Hemmung der Neurogenese des Gyrus dentatus, ein Teil der Gehirnstruktur Hippocampus, verursachen.
Cortisol aktiviert die MAOA- und MAOB-Gene- Expression, die als Enzyme für den Abbau der monoaminergen Gehirnbotenstoffe zuständig sind. Die bei der oxidativen Desaminierung gebildeten toxischen Endprodukte wirken neurotoxisch und verursachen mitochondriale Dysfunktion und Zelluntergang.
Stressresistente Zellklone im Hippokampus
Interessanterweise können sich neuronale Zellen im Extremfall auch an ein sehr starkes pro-oxidatives Milieu anpassen und dabei die Sensitivität gegen über oxidativen Stress verlieren. Bei diesem Anpassungsprozess scheint eine erhöhte autophagische Aktivität eine Rolle zu spielen.
Abb. Zellen können auf chronischen oxidativen Stress reagieren und sich effektiv anpassen. Klonale hippokampale Zellen, die im „Normalzustand“ sensitiv gegen oxidativen Stress sind (HT22-Wildtyp) bilden nach dauerhafter Exposition mit oxidativem Stress (hier durch Glutamat ausgelöst) adaptierte resistente Zellklone (HT22-Glutamat-resistent). Ein morphologisches Hauptmerkmal der resistenten Zellen ist eine stark erhöhte autophagische Aktivität, die an einer Vielzahl von autophagischen Vesikeln in der Elektronenmikroskopie zu erkennen ist.
Die Anpassung an die Erfahrungen ist die Allostase
Allostase beschreibt den Prozess, durch den der Körper in Anforderungssituationen (Stress) durch physiologische und psychologische Verhaltensänderungen eine auch zukünftige Belastungen einbeziehende Stabilität aufrechterhält. Diese Anpassungsreaktion ist zunächst grundsätzlich adaptiv, geht jedoch mit erhöhten körperlichen Anforderungen und damit größerer „Abnutzung“ („wear and tear“) einher.
Die physiologischen Reaktionen, die eine Anpassung über die „Allostase“ bewirken, umfassen nicht nur die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA) und das autonome Nervensystem, sondern auch deren nichtlineare Wechselwirkungen mit dem Stoffwechsel und den pro-entzündungshemmenden und entzündungshemmenden Komponenten des Immunsystems.
Die allostatische Belastung bezieht sich auf die kumulative Wirkung multipler Stressfaktoren sowie auf die Dysregulation des nichtlinearen Netzwerks der Allostase (z. B. zu viel oder zu wenig Cortisol oder Adrenalin oder Entzündung als Reaktion auf eine Herausforderung).
Allostatische Überlastung bezieht sich auf die kumulative Pathophysiologie, die aus dieser Fehlregulation und zu viel Stress resultieren kann.
Eine ständig subjektive Belastung ist mit erhöhten Noradrenalin-, Adrenalin- und Cortisol- Werte verbunden. Es fehlt an einer Relaxationsphase. Dass die Herzfrequenz und die Blutdruckwerte erhöht und die Immunkompetenz geschwächt ist, hat einen negativen Einfluss auf die Lebenserwartung der Betroffenen.
Mein ärztlicher Ratschlag: Relax!
Und denken Sie auch an die toxischen Folgen einer MAOA- und MAOB-Gene- Expression durch Cortisol, die eine Hypomethylierung bei altersabhängigen (ab dem 35-ten Lebensjahr) Ademetioninmangel verursacht.
Mit dem Epigenetic Burnout Protector von NUGENIS sichern Sie den Methylierungstatus ihrer Genorte, indem Sie regelmäßig das fehlende Ademetionin, den Methylgruppendonor, substituieren.
Abb. Norbertine Bresslern-Roth, Fernes Land, 1946
Ihr Eduard Rappold