Darm-Mikrobiom: Epigenetik und Spermidin – Konzept der „Darm-Gehirn-Achse“

 

Das Mikrobiom beeinflusst unsere Gesundheit. Das Mikrobiom eines Menschen, jeder Mensch hat seine ureigene Kombination an Darmbakterien, wird damit zum individuellen Fingerabdruck der Stoffwechselsituation.

Der Darm dient nicht nur der Nahrungsaufnahme, aber die Ernährung verändert die Mikrobiota eines Menschen und beeinflusst das angeborene Immunsystem nachhaltig.

Der GI-Trakt mit einer Oberfläche von 200-300 m2 ist somit der größte „Außenposten“ des Immunsystems und das größte Immunorgan an der Grenze zur Außenwelt.

Das intestinale Immunsystem steht vor der Herausforderung intestinale Pathogene zu erkennen und gleichzeitig die eigene Darmflora oder Antigene der Nahrung zu tolerieren. Dabei trennt nur eine Schicht Enterozyten die Darmflora von den Lymphozyten der Lamina propria. Ein gut funktionierendes Immunsystem ist der Schlüssel zu einer guten Abwehr von pathogenen Organismen. Eine verbesserte Immunantworten zeigt reduzierte Infektionen.  Eine Reduzierung des Mikrobioms ist verbunden mit einer Zunahme einer ganzen Reihe von Erkrankungen wie Autoimmun-Erkrankungen, Nahrungsmittelallergien, entzündliche Darmerkrankungen oder Asthma.

Der Darm hat das größte Nervensystem nach dem Gehirn.

Bevor die Natur sich entschied, ein Gehirn, also eine Schaltzentrale für komplexe Organismen zu bauen, waren Verdauungssysteme die ersten Gebilde aus Nervenzellen – kombiniert mit Muskeln, Schleimhäuten und Immunzellen. Vor etwa einer Milliarde Jahren waren das die ersten Organe mit Nervenzellen, die auf die Umwelt reagierten. Und weil die Natur sehr effektiv arbeitet, entschied sie sich, aus genau diesen Nervenzellen Gehirne zu bauen. Die Zusammenarbeit von Gehirn und Darm ist überlebenswichtig. Das zeigt sich bei den Urinstinkten. Stress macht Bauchweh oder stört die regelmäßige Darmentleerung, auch unsere Gefühlswelt ist eng mit unserm Bauch verknüpft.

Das ist auch der Grund, warum wir meist unserem Bauchgefühl folgen, egal wie lange uns ein Problem beschäftigt. Wie eng Kopfhirn und Darmhirn miteinander verwandt und verbunden sind, zeigen Hinweise, dass neurologische und psychische Krankheiten im Darm beginnen bzw. ihren Ursprung haben können.

Der Darm ist Grenze zur Außenwelt und somit kommt einer intakten Darmbarriere mit ihren Schutzebenen allergrößte Bedeutung zu.

 

Die Schutzebenen des Darmes:

Die Darmbarriere  bildet als wichtige physische Schutzbarrieren eine funktionelle Einheit.

 

Schutzebene 1:  Intestinale Mikrobiota (Darmflora)

Schutzebene 2:  Darmschleimhaut und bedeckende Schleimschicht

Schutzebene 3:  Darm-assoziertes Immunsystem

 

Schutzebene 1:  Die Darmflora (Darm-Mikrobiota)

Das Mikrobiom des Darms repräsentiert die Gesamtheit aller mikrobiellen Mitbewohner im Darm, vor allem im Dickdarm. In erster Linie sind hier physiologische bzw. schützende Bakterienspezies gemeint.

Schätzungsweise 90% der im menschlichen Körper gefundenen Zellen sind schließlich nicht menschlich, sondern überwiegend prokaryotischen Ursprungs.  So enthält der Darm schätzungsweise 100 Billionen Bakterien, etwa zehnmal so viel wie unser Körper Zellen hat, aus einer mikrobieller Gemeinschaft von 1.000 bis 1.500 Bakterienarten.

 

Schutzebene 2:  Darm-Schleimhaut – aus Mucosazellen mit bedeckender Schleimschicht

Das Darmepithel (Darm-Schleimhaut) ist ein Teil der Darmwand und kleidet die Innenseite des Darms aus. Die Oberfläche des Dünndarms beträgt über 200 m2. Diese Zellschicht spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufnahme von Wasser, Elektrolyten und Nährstoffen. Gleichzeitig kontrolliert das Darmepithel als Außengrenze das Eintreten von Bakterien, Viren, Pilzen, Giften und Antigenen, steuert die lokale Immunabwehr und hat damit entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit.

Stammzellen sind für den Erhalt und die kontinuierliche Erneuerung der Darm-Mucosazellen essentiell und Spermidin ist für die rasche Zellteilung  des Darmepithels verantwortlich.

Durch die Teilung von Stammzellen ist der Darm in der Lage, sich stetig zu regenerieren und während der Lebensdauer des Organismus die Funktion und Integrität der intestinalen Schleimhaut als Schutzebene abzusichern, indem für den Erhalt und die kontinuierliche Erneuerung der Darmzellen gesorgt ist. Diese Aufgaben übernehmen spezialisierte Darmepithelzellen, die alle drei bis fünf Tage aus einem Pool von Darm-Stammzellen neu gebildet werden und alte Mucoszellen ersetzen. Damit ist das Darmepithel das sich am schnellsten erneuernde Gewebe beim Erwachsenen.

Aus einer Stammzelle entsteht wieder eine Stammzelle, die für die Aufrechterhaltung der Funktion wichtig ist und ein Enteroblast, eine Vorläuferzelle, aus der sich dann – je nach vorherrschender Signalkaskade – verschiedene differenzierte Tochterzellen entwickeln können, bekannt als asymmetrische Zellteilung von intestinalen Stammzellen (ISCs). Aus den Enteroblasten entstehen so entweder Enterozyten, die für die Nährstoff­ge­winnung aus der Nahrung (Resorption), aber auch für die Immunabwehr verantwortlich sind, oder enteroendokrine Zellen, die zur Bildung von Botenstoffen dienen und die Signal­ver­mittlung im Gewebe ermöglichen.

Referenz: Feyerter. Ueber diffuse endokrine epitheliale Organe.Barth, Leipzig 1938; 2., erweiterte Auflage als: Über die peripheren endokrinen (parakrinen) Drüsen des Menschen. Maudrich, Wien 1953.

Der Transkriptionsfaktor Klumpfuss (Klu) , der im Darm die Zelldifferenzierung in unterschiedliche Zelltypen präzise steuert, ist maßgeblich beteiligt.

Klu unterdrückt die Differenzierung der Enteroblasten in enteroendokrine Zellen, indem es die Gene herunter­re­gu­liert, die für die enteroendokrine Zell-Differenzierung notwendig sind.

Klu spielt zusammen mit der Notch-Signalisierungskaskade sowohl bei der asymmetrischen Zellteilung von intestinalen Stammzellen (ISCs), als auch bei der Differenzierung der Zellen eine zentrale Rolle.

Bei der Enteroblasten-Differenzierung agiert der Transkriptionsfaktor Klu so, dass er die Expression von Notch-Zielgenen präzise kontrolliert. Der NotchSignalweg (Notch Signaling) ist ein zentraler Signaltransduktionspfad, der die Zell-Zell-Kommunikation benachbarter Zellen ermöglicht. Die Kontrolle von Notch-Zielgenen durch Klu fügt sich als weitere Regulationsebene in dieses komplexe Zusammenspiel ein, das auch bei vielen Krankheiten des Menschen eine wichtige Rolle spielt. Der Verlust von Notch in ISC-Linien führt zur Bildung von Tumoren. Inzwischen liegt nahe, dass Störungen im Notch-Signalweg verschiedene Krankheiten wie Leukämie, Brustkrebs und Gefäßerkrankungen begünstigen.

 

Schutzebene 3:  Darm-assoziertes Immunsystem in der Submucosa)

Das Gleichgewicht, das zwischen der Mikrobiota (Schutzschicht 1) und dem Wirtsorganismus erreicht wird, ist für die Organisation des Immunsystems von grundlegeder Bedeutung.

Da sich das spezifische Immunsystem  (spezifische Immunantwort), das spezifische Erkennen und Unschädlichmachen von in den Körper eingedrungenen Antigenen (Mikroorganismen oder Fremdstoffe) durch das Immunsystem, im Laufe des Lebens mit unterschiedlichsten Pathogenen auseinandersetzt, steigt seine Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter. Ab der Pubertät ist das erworbene Immunsystem schließlich voll ausgebildet und leistungsfähig. Im höheren Alter steigt die Infektanfälligkeit dann wieder an; gleichzeitig sind Veränderungen hinsichtlich der Zusammensetzung und Funktion einzelner Teile des Immunsystems zu beobachten.

 Abb: Peyer-Plaques oder Aggregierte lymphatische Knötchen

Die PeyerPlaques (Folliculi lymphatici aggregati) sind zusammenhängende Ansammlungen von 10 bis 50 Lymphfollikeln. Sie kommen im gesamten Dünndarm vor, am häufigsten sind sie jedoch im Ileum und im Wurmfortsatz zu finden. Diese Lymphfollikel enthalten B-Lymphocyten vor allem IgA (Immunglobuline) produzierende Zelle. Spezialisierte Epithelzellen (M-Zelle) vermitteln den Transport von IgA in das Darmlumen und den Transport antigener Substanzen – aber auch von Pathogenen aus dem Darmlumen zu den unter dem Epithel gelegenen Antigen-präsentierenden Zellen (Transcytose).

Außer dem Lebensalter, der genetischen Ausstattung wie abweichende Darmmikrobiota in Abhängigkeit des Geschlechts, hat auch der Lebensstil einen entscheidenden Einfluss auf das Immunsystem und die Infektanfälligkeit. Es ist das eigene Verhalten und es sind die äußeren Einflüsse, die die chemischen Veränderungen an der DNA und der Histonproteine eines Organismus beeinflussen und jene Faktoren und Voraussetzungen liefern, die die Aktivität eines Gens lebenslang, dynamisch variabel festlegen.

 

Darmbakterien produzieren Spermidin

Eine wichtige Gruppe von Stoffwechselprodukten, die je nach Nahrung von den Darmbakterien ausgeschieden werden und anti-entzündliche Eigenschaften aufweisen, sind die sogenannten Polyamine. Zu diesen zählt auch das eng mit dem Zellwachstum verbundene Spermidin.

Durch die Verwertung bestimmter Nahrungsmittel , die große Mengen an Polyaminen bzw. dessen Vorläufer-Molekül L-Arginin enthalten, wie beispielsweise Milchprodukte, Gemüse, Fleisch, Fisch und Sojabohnen, sind die Darmbakterien in der Lage, das Polyamin Spermidin zu produzieren.

Bacteroides und Fusobakterien, zwei numerisch dominante Bakterienpopulationen synthetisieren im Dickdarm, Spermidin und Putrescin. Bakterielle Polyamine werden im Blinddarm und Dickdarm absorbiert. Pektin, ein lösliches unverdauliches Polysaccharid, regt Darmmikroben an, große Mengen an Polyaminen zu synthetisieren (Jutta Noack, 2000).

Referenz: Matsumoto M, Kurihara S, Kibe R, Ashida H, Benno Y. Longevity in mice is promoted by probiotic-induced suppression of colonic senescence dependent on upregulation of gut bacterial polyamine production. PLoS One. 2011;6(8):e23652. 

Die regulatorischen T-Zellen, kurz Treg-Zellen, sind eine spezialisierte Untergruppe der T-Lymphozyten, meist CD4+-T-Zellen, die die Selbsttoleranz des Immunsystems regulieren. Selbsttoleranz ist die Fähigkeit des menschlichen Immunsystems, körpereigene Stoffe als solche zu erkennen und von körperfremden Stoffen zu unterscheiden.

 

Abb. Die Ernährung hat Einfluss auf das Gleichgewicht der regulatorischen Immunzellen im Darm. Guilhermina M. Carriche / Universitätsmedizin Mainz

Das über die Nahrung aufgenommene Spermidin begünstigt die Ausdifferenzierung der naiven CD4-positiven Immunzellen, so dass vermehrt anti-entzündliche Treg-Zellen gebildet werden. Es kommt gleichzeitig zur Reduktion der TH17-Zellen, einem Zelltyp, der maßgeblich an Entzündungsreaktionen beteiligt ist, Das Hauptsekretionsprodukt von TH17-Zellen ist das namensgebende IL-17 aus der Zytokin-Familie. Zudem ist die Differenzierung hin zu Treg-Zellen vom Autophagie-Mechanismus abhängig. Der Autophagie-Prozess ist für die Funktionalität der T-Zellen notwendig.

Referenz: „Regulating T-cell differentiation through the polyamine spermidine“; Guilhermina M. Carriche et al. Journal of Allergy and Clinical Immunology https://doi.org/10.1016/j.jaci.2020.04.037 (Open Access)

Helferzellen TH17  können im Darm „umprogrammiert“ werden. Sie ändern drastisch ihre Funktion  und werden so zu effektiven Helfern bei Immunkrankheiten, beispielsweise Multiple Sklerose oder Rheuma. TH17-Zellen vermitteln einerseits protektive Immunität gegenüber kommensalen Erregern,  Kommensale sind Lebewesen, die sich von den Nahrungsrückständen eines Wirtsorganismus ernähren, ohne ihn zu schädigen. TH17-Zellen weisen andererseits Immunpathologie gegenüber pathogen Erregern auf, die beispielsweise ursächlich für die Pathogenese der Parodontitis und der damit verbundener bakterieller Überbesiedlung und der Dysbiose ist.

Abb. Dr. rer. nat. Cornelia Doebis, TH17-Zellen Bedeutung bei chronischen Entzündungen und
Autoimmunerkrankungen, IMD Berlin MVZ

 

Die mit seiner Langlebigkeit verbundenen Stoffwechselveränderungen stehen beim Nacktmull (Heterocephalus glaber) mit einer bestimmten Darmflora in Zusammenhang.

Abb. Bacillus megaterium ist das größte bekannte Bakterium und ist im Darm vom Nacktmull  für die Spermidin-Synthese verantwortlich.

 

 

Konzept der „Darm-Gehirn-Achse“

Unter dem begrifflichen Integral der „Darm – Hirn – Connection“ (Gregor Hasler) wird der Zusammenhang zwischen Darmdysbiose und dem Auftreten bestimmter Pathologien wie  Angstzuständen, Depressionen, Autismus-Spektrum-Störungen und Multipler Sklerose u.m. zu erklären versucht .

 

Abb. Erwin Wurm: Darmgesicht, 2017/2018. Farbstift auf Papier

 

Das Konzept der Darm-Gehirn-Achse beschreibt die neuronale, immunologische und hormonelle Kommunikation von Botenstoffen aus den enteroendokrinen Zellen zwischen dem Gehirn und dem enterischen Nervensystem.  Der Informationsaustausch erfolgt in beide Richtungen.

 

„Mikrobiota-Darm-Gehirn-Achse“ – Pathologien sind mit einem veränderten Mikrobiom verbunden 

Die Entdeckung, dass die unterschiedliche mikrobielle Zusammensetzung im Darm mit Verhaltens- und Wahrnehmungsänderungen verbunden ist, hat wesentlich dazu beigetragen, die „Mikrobiota-Darm-Gehirn-Achse“ als Erweiterung des allgemein akzeptierten Konzepts der „Darm-Gehirn-Achse“ zu etablieren.

Eine Funktionsstörung der Mikrobiota-Darm-Gehirn-Achse kann sowohl zu entzündlichen als auch zu funktionellen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts führen kann.

Daher wird einem Ungleichgewicht zwischen dem darmassoziierten Immunssystem und der intestinalen Mikrobiota eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zugeschrieben. Die chronisch entzündliche Darmerkrankung hat sich seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts zu einer Krankheit mit stetig steigender Prävalenz und Inzidenz weltweit entwickelt. Vor dem Hintergrund der bis heute nicht vollständig geklärten Pathogenese und der Ausbreitung von chronisch entzündliche Darmerkrankung stehen die Veränderungen im Lebensstil der Bevölkerung (Exposom). Komplexe Interaktionen zwischen Genetik, Epigenetik, Umweltfaktoren wie etwa die Ernährung, aber auch Infektionen, Antibiotika und Hygiene sowie das Immunsystem des Wirts führen zu atypischen Immunreaktionen und chronischen Entzündungen, Zwei Formen der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa als rezidivierende Erkrankungen haben einen progressiven Krankheitsverlauf.

Eine fehlerhafte Zusammensetzung der Darmmikrobiota im Kindesalter beeinflusst die Reifung des Zentralnervensystems  und begünstigt die Entwicklung von psychischen Störungen wie Autismus und Depression.

In der Tat wird deutlich, dass bestimmte Pathologien, die mit einem veränderten Mikrobiom verbunden sind, mit Stimmung, Stress, Verhalten und /oder Kognition zusammenhängen (Grenham et al. 2011 ; Shanahan 2012 ). In dieser Hinsicht führt das Reizdarmsyndrom, das bei Stimmungsstörungen wie Depressionen stark komorbid ist, auch zu einer verminderten kognitiven Leistung (Berrill et al. 2013 ; Kennedy et al. 2013 ).

Die Mikrobiota-Darm-Gehirn-Achse verfügt über einen weiteren Signalweg, der die Immunität durch Zytokine beinhaltet. Im Darm produzierte Zytokine können in den Blutkreislauf fließen und unter veränderten Bedingungen Bereiche des Gehirns wie den Hypothalamus beeinflussen .

 

Mediatoren von Mikroben-Gehirn-Wechselwirkungen

Von der Darmmikrobiota produzierte Neurotransmitter

Die Darmmikrobiota ist auch in der Lage, viele Neurotransmitter wie Dopamin, Serotonin, Noradrenalin und δ-Amino-Buttersäuren (GABA) zu synthetisieren, die auch ihre eigenen Wirkungen auf das Gehirn ausüben.

Beispielsweise wurde gezeigt, dass Bifidobacterium infantis die Tryptophan-Spiegel im Blutplasma erhöht und somit die zentrale Serotoninübertragung beeinflusst.

Lactobacillus und Bifidobacterium können GABA produzieren.

Escherichia , Bacillus und Saccharomyces spp. kann Noradrenalin produzieren.

Candida, Streptococcus, Escherichia und Enterococcus spp. kann Serotonin produzieren.

Bacillus kann Dopamin produzieren.

Lactobacillus kann Acetylcholin produzieren.

Diese Neurotransmitter können durch die Darmschleimhaut in den Blutkreislauf gelangen, sind aber nicht in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Der Einfluss auf die Gehirnfunktion könnte daher indirekt sein, indem er auf das enterische Nervensystem einwirkt.

Gamma-Hydroxy-Buttersäure (GHB) wurde Anfang der 1960er Jahre als liquorgängiger GABA-Agonist synthetisiert. Im Gegensatz zu den Transmittern Dopamin und Serotonin sind die Präkursoren DOPA und Tryptophan liquorgängig. 

 

Neben der direkten Wirkung auf die Neurotransmission erzeugen Darmbakterien eine Reihe weiterer Chemikalien, die ein neuromodulatorisches Potenzial aufweisen. Zum Beispiel wurde gezeigt, dass einige Darm-Bakterienpopulationen, wie oben beschrieben, Spermidin produzieren.

 

Darüber hinaus ist bekannt, dass Darmbakterien die Hauptquelle für kurzkettige Fettsäuren, short chain fatty acids (SCFAs), wie Buttersäure, Propionsäure und Essigsäure sind. Während diese Moleküle nicht zu den klassischen neuroaktiven Substanzen gehören, können sie auf subtilere Weise auf die neuronale Funktion einwirken. Das bekannteste Molekül davon ist wahrscheinlich Butyrat, das als starker Inhibitor von HDACs wirkt. Propionat sowie Laktat und Pyruvat haben ebenfalls HDAC-hemmende Funktionen, jedoch in viel geringerem Maße als Butyrat. Acetat hingegen dient als Substrat für das kurzkettige Acyl-CoA-Synthetase-Familienmitglied 2 (ACSS2) bei der Synthese von Acetyl-Coenzym A (Acetyl-CoA), dem Donor von Acetylgruppen, die zur Acetylierung von Histonschwanz-Lysinresten von Histon-Acetyl-Transferasen (HATs) verwendet werden.

Somit können beide Prozesse, die HDAC-Hemmung und die erhöhte Verfügbarkeit von Histon-Acetyl-Transferase, zu einer erhöhten Histonacetylierung führen und dadurch die stimulusgetriebene Transkription in aktiven Neuronen stimulieren. In zahlreichen In-vitro- Studien und Tiermodellen für Lernen und Gedächtnis sowie neurodegenerative Erkrankungen wurde gezeigt, dass dies die Konsolidierung des Langzeitgedächtnisses und die Neuroprotektion / -regeneration erleichtert.

 

Die Mikrobiota als diskrete epigenetische Einheit

Die Mikrobiota wurde als „virtuelles endokrines Organ“ beschrieben. Tatsächlich entspricht die Mikrobiota nicht nur der Definition eines endokrinen Organs, sondern weist, auch alle Merkmale eines epigenetischen Instruments auf.

Die mikrobielle Zusammensetzung unterliegt Umweltveränderungen und vermittelt Gen-Umwelt-Wechselwirkungen.

 

Umweltfaktoren, die die Zusammensetzung der Mikrobiota beeinflussen:

Art der Entbindung (Vaginal- oder Kaiserschnitt), Stillen, Diät, Erkrankung, Status des Immunsystems, Alter, pharmakologische Behandlungen (insbesondere Antibiotika) und physische Aktivität .

Auch soziales Verhalten, einschließlich Küssen, Pflegen und Geschlechtsverkehr, kann dazu dienen, den horizontalen Transfer von Mikroben zu verbessern.

Dass die Bakterienbesiedelung durch den Geburtskanal unserer Mutter geliefert wird, wird dadurch eingeschränkt, dass die Übertragung bestimmter Mikroben bereits in der Gebärmutter stattfindet. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Mikrobiota immense Auswirkungen auf die prä- und postnatale Entwicklung hat und dass schädliche Veränderungen in frühen Lebensstadien im Erwachsenenalter zu unerwünschten Phänotypen führen können.

 

Gemeinsamkeit zwischen den Mikrobiota und den klassischen epigenetischen Mechanismen:

Die Mikrobiota können selbst als epigenetische Einheit angesehen werden, da sie im Vergleich zu klassischen epigenetischen Mechanismen wie Histonmodifikationen, DNA-Methylierung und ncRNA-vermittelter Regulation ähnliche Merkmale in ihrer Wechselwirkung mit dem Wirt aufweist.

Trotz der wichtigen Rolle der Epigenetik bei der Information über Wirt-Mikroben-Wechselwirkungen hat dieser Zusammenhang bisher wenig Beachtung gefunden.

„Das Epigenom ist die Sprache, in der das Genom mit der Umwelt kommuniziert.“ Dieses Zitat stammt vom Stammzellforscher Rudolf Jaenisch. Er verwendet pluripotente Zellen (ES- und iPS-Zellen), um die genetischen und epigenetischen Grundlagen menschlicher Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer, Autismus und Krebs zu untersuchen.

Es müssen auch genetische Faktoren kritische Determinanten der spezifischen Mikrobiota eines Individuums sein. In der Tat scheinen monozygote Zwillinge eine ähnlichere Zusammensetzung der Darmmikrobiota zu haben als Ehepartner oder nicht verwandte Personen.

 

 

Weitere Instrumente der „Darm-Gehirn-Achse“

 

Interaktion mit dem autonomen Nervensystem

Der Vagusnerv ist ein wichtiger, wenn auch anscheinend nicht der einzige Mediator für die Wechselwirkung zwischen Mikrobiota, Darm und Gehirn und hängt möglicherweise vom verwendeten Bakterienstamm ab.

 

Immunmodulation

Die frühe Besiedlung des Körpers mit verschiedenen Mikroorganismen liefert eine Vielzahl von Antigenen, die für eine angemessene Reifung des Immunsystems entscheidend sind.

Interessanterweise konnte gezeigt werden, dass Darmmikrobiota die Homöostase und die Entzündungsreaktion des Darmepithels in HDAC3-abhängiger Weise (Histondeacetylierung ) modulieren, wodurch ein direkter Zusammenhang zwischen Mikrobiota und epigenetischer Genregulation hergestellt wird. Zunehmende Evidenz zeigt einen signifikanten Beitrag des Immunsignals zur normalen Gehirnfunktion sowie während des Alterns und im Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen.

Histondeacetylase 3 (HDAC3) ist verantwortlich für die Deacetylierung von Lysinresten am N-terminalen Teil der Kernhistone (H2A, H2B, H3 und H4) und einiger anderer Nicht-Histon-Substrate. Die Histondeacetylierung (HDAC3) markiert die epigenetische Repression und spielt eine wichtige Rolle bei der Transkriptionsregulation, dem Zellzyklus und dem Fortschreiten der Entwicklungsereignisse. Die Histondeacetylasen wirken über die Bildung großer Multiproteinkomplexe.

Ein weiterer Mechanismus zur Induktion immunmodulatorischer Effekte bei Störungen der Darm-Gehirn-Achse steht im Zusammenhang mit einer Hypothese des „undichten Darms“ (Leaky Gut Syndrom). In der Tat wurde gezeigt, dass chronischer Stress die Darmbarriere stört, sie undicht macht und die Durchlässigkeit für Ionen und Bakterienpeptide erhöht. Dies deutet indirekt auf eine erhöhte bakterielle Translokation bei stressbedingten psychiatrischen Störungen wie Depressionen hin.

 

Direkte molekulare Wechselwirkungen mit epigenetischen Machanismen

Mehrere Bakterien können die Transkription ihres Wirts beeinflussen, indem sie Proteineffektoren sekretieren, die endogene Transkriptionsregulatoren des Wirts imitieren und die epigenetische Landschaft der Wirtszellen verändern.

 

Reizdarmsyndrom und viszerale Schmerzen

Es konnte gezeigt werden, dass ein bekanntes Bakterium ( Staphylococcus aureus ) nozizeptive Neuronen direkt stimuliert, was zur Überlegung führt, ob sie Neurone des autonomen Nervensystems durch ähnliche Mechanismen stimulieren können, was Auswirkungen auf Pathologien haben könnte, die mit viszeralen Schmerzen verbunden sind.

So ist die viszerale Überempfindlichkeit bei das Reizdarmsyndrom ein Kennzeichen für Pathologien der Darm-Gehirn-Achse . Eine Histondeacetylierung-Hemmung bei der Behandlung von stressinduzierten Darmsymptomen wie viszeralen Schmerzen hat einen vorteilhaften Effekt.

 

Autismus und neurologische Entwicklungsstörungen

Jüngere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass  Autismus, wenn auch nur in relativ kleinen Kohorten untersucht, mit Veränderungen der Zusammensetzung und des Metabolismus von Mikrobiota assoziiert ist.

 

Ein gewebespezifischer Transkriptionsfaktor (SETDB1), eine Histon-Lysin-N-Methyltransferase, sorgt für die Genomstabilität

Die Neubildung der spezialisierten Zellen des Darmepithels wird überwiegend durch gewebespezifische Transkriptionsfaktoren gesteuert, deren Zugang zur DNA wiederum davon abhängt, ob DNA relativ frei zugängig ist (Euchromatin) oder eng verpackt vorliegt (Heterochromatin).

Die Genomstabilität beruht auf epigenetischen Mechanismen, die die Unterdrückung endogener Retroviren (ERVs) erzwingen. SETDB1  ist eine Histon-Lysin-N-Methyltransferase, die beim Menschen vom SETDB1- Gen kodiert wird, in der Heterochromatin-Bildung involviert ist und für die Neubildung der Darmepithel-Zellen und die Verhinderung von akuten Darm-Entzündung maßgebend ist.  Folgen, die ein Verlust der Histon-Lysin-N-Methyltransferase SETDB1 in den Darm-Stammzellen hat, führt zum massiven Vermehren  endogener Retroviren. Sie verursachen DNA-Schäden und Entzündungen und lassen die Zellen letztendlich absterben. Dieser Darmmucosa-Schaden verhindert die Aufnahme von Flüssigkeit und Nährstoffen, ruft eine akute Darmentzündung hervor und führt innerhalb weniger Tage zum Tod des Patienten.

Referenz: Diese Studie wurde durch die TU Dresden / CRTD im Rahmen der deutschen Exzellenzinitiative finanziert und durch das DRESDEN-concept Genom Center und die Elektronen- und Lichtmikroskopie-Facilities der TU Dresden CMCB-Technologieplattform unterstützt.

 

Referenzen auf Anfrage erhältlich.

Ihr

Eduard Rappold

 

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Dr. Eduard Rappold, MSc ist ein erfahrener Forscher und Arzt, der sich seit Jahrzehnten für geriatrische PatientInnen einsetzt. In seinem Bemühen für Alzheimer-Erkrankte eine immer bessere Versorgung zu ermöglichen, wurde er 2003 mit dem Gesundheitspreis der Stadt Wien für das Ernährungszustandsmonitoring von Alzheimer-Kranken ausgezeichnet. Im Zuge seines Masterstudiums der Geriatrie hat er seine Entwicklung des Epigenetic Brain Protector wissenschaftlich fundiert und empirisch überprüft. Im September 2015 gründete er NUGENIS, ein Unternehmen, mit dem er Wissenschaft und Anwendung zusammenbringen möchte. Damit können Menschen unmittelbar von den Ergebnissen der Angewandten Epigenetik für ihre Gesundheit profitieren. Mit dem Epigenetic Brain Protector hat Dr. Eduard Rappold, MSc bereits für internationales Aufsehen gesorgt – auf der international wichtigsten Innovationsmesse, der iENA, wurde er 2015 mit einer Goldmedaille für hervorragende Leistungen zum Schutz vor Neurodegeneration ausgezeichnet. Auf den Webseiten nugenis.eu, epigenetik.at, spermidine-soyup.com und facebook.com/nugenis können Themen zur Epigenetik und Aktuelles nachgelesen werden.