Fleischloses Fleisch als Sojaprodukt
Fleischloses Fleisch
Im Wesentlichen gibt es derzeit drei Lösungsansätze für Fleischersatzprodukte:
- Pflanzlicher Fleischersatz: Der direkte Verzehr von pflanzlichen Proteinen (etwa aus Erbsen, Soja oder Hafer) ohne den Umweg über das Nutztier bietet eine gute Lösung für Umwelt und Tierwohl. Allerdings lässt sich bislang nur ein kleiner Teil der Bevölkerung für eine rein vegetarische oder vegane Lebensweise begeistern.
- In-vitro-Fleisch: Mit neuen Verfahren lässt sich im Labor aus tierischen Stammzellen Muskel- und Fettgewebe züchten. Der Vorteil: Geschmack und Inhaltsstoffe sind wie beim Original, ohne dass dafür Tiere sterben müssen. Allerdings stecken die Zellkulturverfahren noch in den Kinderschuhen, sind kostspielig und benötigen viel Energie.Abb. Mit neuen Verfahren lässt sich im Labor aus tierischen Stammzellen Muskel- und Fettgewebe züchten. Der Vorteil: Geschmack und Inhaltsstoffe sind wie beim Original, ohne dass dafür Tiere sterben müssen. Dass sich etliche Produkte der Marktreife nähern, zeigen erste Zulassungen in anderen Ländern. In Singapur bieten einige Restaurants bereits seit 2020 kultiviertes Hühnerfleisch an, das nie wirklich zu einem Hühnchen gehörte. Seit Ende Juni 2023 dürfen die Firmen Upside Foods und Good Meat in den USA ihr im Bioreaktor kultiviertes Hühnerfleisch verkaufen.
- Fermentation: Der Prozess wird seit Jahrhunderten zur Herstellung von Sauerkraut oder Bier verwendet und bezeichnet die Umwandlung organischer Stoffe mit Hilfe von Mikroorganismen. So können etwa Proteine, die man für die Herstellung von Fleischersatzprodukten braucht, auch von Bakterien, Pilzen oder Algen produziert werden. Wenn solche Mikroben gezielt kultiviert oder auch genetisch modifiziert werden, spricht man von Präzisionsfermentation. Die Herausforderung besteht darin, die eiweißreichen Rohstoffe anschließend in schmackhafte Lebensmittel zu verwandeln.
Ein Hamburger Start-ups Mushlabs (Thibault Godard) kultiviert eiweiß- und ballaststoffreiches Pilzmyzel in Bioreaktoren, um damit langfristig tierische Produkte zu ersetzen. Die Vision: eine gesunde und schmackhafte Proteinversorgung ohne die katastrophalen Auswirkungen, die die Fleischindustrie auf Umwelt und Tierwohl hat.
Die finnische Firma Solar-Foods wirbt damit, »Nahrung aus Luft« zu erschaffen. Das 2017 gegründete Unternehmen nutzt Bodenbakterien, um das proteinreiche Solein-Pulver herzustellen. Die Mikroben sind nicht genetisch verändert und werden hauptsächlich mit Wasserstoff und Kohlendioxid gefüttert, das aus der Luft gezogen wird. Die dazu nötigen Anlagen laufen mit Solarstrom. Zusätzlich enthält das Nährmedium in den Fermentern auch Stickstoff, Phosphor, Kalzium und andere Nährstoffe. Die auf diese Weise hergestellte Bakterienmasse kann dann als Solein abgeschöpft werden. Getrocknet sieht es wie Kurkumapulver aus (die Bakterien produzieren auch Karotinoide) und lässt sich ähnlich wie Mehl verarbeiten. Nach Angaben des Unternehmens besteht es zu 65 bis 70 Prozent aus Proteinen, zu 5 bis 8 Prozent aus Fetten (hauptsächlich ungesättigten), zu 10 bis 15 Prozent aus Ballaststoffen und zu 3 bis 5 Prozent aus Mineralstoffen.
Sei es aus ethischen, religiösen oder ökologischen Beweggründen – viele Menschen lehnen es heutzutage ab, sich von geschlachteten Tieren oder tierischen Produkten zu ernähren. Für den Homo sapiens ist das meist kein Problem, vegetarische oder vegane Nahrungsmittel sind nahrhaft und schmecken gut.
Amerikanische Firmen sind schon sehr weit, was die Entwicklung von pflanzlichen Fleisch meist auf Erbsenbasis betrifft. China wird aber entscheidend dafür sein, wie schnell es der Welt gelingen wird, den Klimawandel zu bremsen.
1968 erschien Paul R. Ehrlichs „The Population Bomb“ (deutsche Ausgabe: Die Bevölkerungsbombe, 1971), ein neomalthusianischer Fiebertraum: Wenn wir nicht aufpassen und einen radikalen anderen Weg einschlagen, taumeln wir in die Katastrophe.
2022 im neue Bericht an im Club of Rome, 50 Jahre nach „Die Grenzen des Wachstums“ ist zu lesen, dass die vergangen 50 Jahre eine erstaunliche Kehrtwende in der Nahrungsmittelsicherheit gesehen haben. Seit den 1970er -Jahren ist die Zahl der Menschen, die an Hunger sterben, deutlich zurückgegangen, obwohl sich die Weltbevölkerung verdoppelt hat.
Der Agrarsektor ist eines der größten Verursacher von Treibhausgasemissionen. So ist der Agrarsektor kein Gewinn für unseren Planeten. Für die Menschen allerdings auch nicht. Der Masse nach sind mittlerweile 96% der Säugetiere auf der Erde entweder Menschen (36%) oder Vieh (60%) hauptsächlich Rinder und Schweine. Somit umfasst unser Viehbestand das 15 fache der wildlebenden Säugetiere.
Die westliche Ernährung die auf industriell verarbeiteten Fleisch basiert, erobert die Welt und besteht im Zusammenhang mit Adipositas, Diabetes, Krebs und Herz Kreislauf Erkrankungen.
Rund die Hälfte der Steigerungsraten des globalen Fleischkonsums geht auf das Konto der Chinesen. Fleisch ist ein Statussymbol der aufstrebenden Mittelschicht. 2000 konsumierten die Chinesen fast die Hälfte der Schweine, die weltweit großgezogen wurden und ein Drittel des Fleisches anderer Tiere und liegen so auf einem hinteren Platz der Top 10 der Fleischkonsumenten hinter den USA, Israel und Argentinien.
Würden die Chinesen pro Kopf so viel Fleisch konsumieren wie die Amerikaner, wäre das eine Katastrophe für das Klima. Denn der CO2-Fußabdruck vom Protein der Hühnern ist etwa sechs Mal höher als der von Sojaprotein, der von Rindfleisch sogar 73 Mal höher. Schon jetzt macht die Fleischproduktion etwa 20 Prozent des CO2-Ausstoßes in China aus.
Die gute Nachricht ist, dass viele der Lösungen für die Ernährung einer Bevölkerung von 9 Milliarden Menschen bereits existieren und in landwirtschaftlichen Ansätzen zu finden sind, die in den letzten Jahren an Popularität gewonnen haben.
Wir wissen, dass die Nachfrage nach Nahrungsmitteln sowohl durch das Bevölkerungswachstum als auch durch das Einkommenswachstum steigt. Wir wissen, dass unsere Abhängigkeit von einigen wenigen lebensmittelproduzierenden Ländern ebenfalls steigt .Wir wissen, dass mit höherem Einkommen die Vorliebe für die ressourcenintensive westliche Ernährung zunimmt. Hinzu kommt der Klimawandel, der die Ernteerträge beeinflusst. Wir stehen vor der rechtliche Notwendigkeit einer Kehrtwende im Nahrungsmittelsystem, um das menschliche Wohlergehen zu sichern.
Der Wechsel von einem westlichen Speiseplan zu einer Ernährungsweise, die die Gesundheit des Menschen und des Planeten schützt, ist nicht nur die Verringerung des Konsums von rotem Fleisch, sondern die Steigerung des Konsums von proteinhaltigen pflanzlichen Produkten.
Statt Sojabohnen zu verfüttern, könnte man allein mit den im Jahr 2020 weltweit geernteten Sojabohnen den gesamten Proteinbedarf von rund 75% der derzeitigen Weltbevölkerung für ein ganzes Jahr decken.
Die vorgestellten Überlegungen macht die Dimension der derzeitigen Produktion sichtbar und auch das Verhältnis, in welchem die geernteten Soja-Mengen zum Welternährungsbedarf stehen.
Der menschliche Körper benötigt für Muskelaufbau, Zellfunktionen und Energiegewinnung ca. 0,8 g Protein pro kg Körpergewicht. Für einen Menschen von 80 kg Gewicht sind das 64 g pro Tag oder 23,4 kg pro Jahr. Im Jahr 2020 wurden weltweit 353,5 Millionen Tonnen Sojabohnen geerntet, das entspricht bei einem Proteingehalt von 40% etwa 141,4 Millionen Tonnen an reinem Protein. Damit allein könnten also knapp über 6 Milliarden Menschen ihren Proteinbedarf stillen.
Da aber niemand ausschließlich von Sojaprotein leben kann oder will, und auch alle Kohlenhydrat-hältigen Lebensmittel wie Getreide, Mais, Reis oder Kartoffeln in gewissen Mengen ebenso Protein enthalten, würde schon eine wesentlich geringere Sojaanbaufläche für die Proteinversorgung der Weltbevölkerung ausreichen. Und schließlich würde eine mit diesem Szenario einhergehende Verringerung der Nutztierhaltung und des Gebrauchs tierischer Lebensmittel zu einer klimaneutralen Ernährungswirtschaft führen.
Fleischersatzprodukte aus der buddhistischen Klosterküche
Mehrere Jahrhundert alte Rezepte wurden aus buddhistischen Klosterküchen gesammelt und nützen jetzt der fleischlosen Gesundheitsbewegung. Vieles ist über die Generationen hinweg mündlich weitergegeben worden und von Testessern geprüft. „Es muss gut schmecken, aber auch cool aussehen. Abgefahren wie Astronautennahrung für ein Space Lab“, sagte Mister Zhou, in vierter Generation der Verwalter der vegetarischen Fleischrezepte. Die Fleischersatzprodukte sind bei den Buddhisten entstanden, um die Regeln der Religion zu umgehen. Weil man fasten oder kein Fleisch essen sollte, seien Gerichte erfunden worden, die so wie Fleisch schmecken.
Der weltweite Markt für fleischloses Fleisch soll bis 2025 um 80 Prozent wachsen – auf über 20 Milliarden US-Dollar, in einem Zeitraum von nur sieben Jahren
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Eduard Rappold
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