Monoaminylierung – Wenn Neurotransmitter direkt ins Epigenom eingreifen. SAM-e schützt vor MAO-Überexpression

Monoaminylierung – Wenn Neurotransmitter direkt ins Epigenom eingreifen

Dopamin, Serotonin und Co. – diese Botenstoffe sind vor allem für ihre Rolle im Gehirn bekannt: Sie steuern unser Verhalten, beeinflussen Emotionen und sind an Lernprozessen beteiligt. Doch in den letzten Jahren haben Forscher*innen Erstaunliches herausgefunden: Diese Monoamine wirken nicht nur als Neurotransmitter, sondern können direkt an unserem Epigenom ansetzen – durch einen Prozess namens Monoaminylierung.

Was ist Monoaminylierung?

Die Monoaminylierung ist eine posttranslationale Modifikation – das heißt, sie verändert Proteine, nachdem diese bereits hergestellt wurden. Bei diesem Prozess wird ein Monoamin wie Dopamin, Serotonin oder Histamin kovalent an ein bestimmtes Protein gebunden. Katalysiert wird diese Reaktion durch ein Enzym namens Transglutaminase 2 (TG2).

Besonders spannend: Die Monoaminylierung betrifft auch Histone, also die Eiweißmoleküle, um die unsere DNA aufgewickelt ist. Sobald ein Monoamin an ein Histon angehängt wird, kann sich die Struktur des Chromatins verändern – mit direkten Folgen für die Genaktivität.

Serotonin auf dem Histon – ein Signal fürs Gen?

Ein faszinierendes Beispiel ist die Serotoninylierung des Histons H3. Forschende haben herausgefunden, dass Serotonin an die Glutamin-Position 5 (Q5) von Histon H3 gebunden werden kann – eine Modifikation, die als H3Q5ser bezeichnet wird. Diese Veränderung macht das Chromatin zugänglicher für Transkriptionsfaktoren und kann bestimmte Gene aktivieren.

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Auch Dopamin und Histamin können auf ähnliche Weise an Histone binden (H3Q5dop bzw. H3Q5his). Damit ergibt sich eine völlig neue Sichtweise:

Monoamine sind nicht nur chemische Botenstoffe im synaptischen Spalt – sie können direkt die Genexpression steuern.

Ein molekulares Bindeglied zwischen Stimmung und Genregulation

Diese Entdeckungen eröffnen neue Perspektiven: Wenn Stimmungslagen, Umwelteinflüsse oder Erfahrungen den Monoaminhaushalt beeinflussen, könnte das auch epigenetische Spuren im Genom hinterlassen. Stress, Freude, Sucht oder Lernprozesse – all diese Zustände verändern die Aktivität von Serotonin oder Dopamin im Gehirn. Durch Monoaminylierung könnten sie auch langfristige Spuren auf der Ebene der Genregulation hinterlassen.

Eine neue Dimension der Epigenetik

Monoaminylierung – Neue Hoffnung für klinische Anwendungen?

Die Entdeckung der Monoaminylierung als epigenetische Modifikation hat nicht nur die Grundlagenforschung aufgerüttelt – sie wirft auch wichtige Fragen für die klinische Medizin auf: Könnte man durch gezielte Beeinflussung dieser Prozesse neue Therapieformen entwickeln? Und wenn ja, für welche Krankheiten?

1. Psychiatrische Erkrankungen: Depression, Angst, Sucht

Da Monoaminylierung direkt mit Neurotransmittern wie Dopamin und Serotonin zusammenhängt, liegt der Zusammenhang zu psychischen Erkrankungen auf der Hand:

  • Depression: Serotonin ist zentral für die Stimmungslage. Eine veränderte Serotoninylierung an Histonen könnte erklären, warum Antidepressiva bei manchen Menschen nicht wirken – weil nicht nur die Serotoninkonzentration, sondern auch deren epigenetische Wirkung entscheidend ist.

  • Sucht: Studien zeigen, dass Drogen wie Kokain die Dopaminylierung von Histonen verändern können – mit langfristigen Effekten auf Genexpression im Belohnungssystem.

  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Stress kann Histamin- und Serotoninlevel verändern – über Monoaminylierung könnten traumatische Erfahrungen epigenetisch verankert werden.

Klinische Vision: Entwicklung von Medikamenten, die gezielt die Aktivität von Transglutaminase 2 (TG2) modulieren – oder sogar die Bindung spezifischer Monoamine an Histone blockieren oder fördern.


2. Neurologische Erkrankungen: Parkinson, Alzheimer, MS

  • Parkinson: Hier spielt Dopaminmangel eine zentrale Rolle. Es wird diskutiert, ob eine gestörte Dopaminylierung zu epigenetischen Dysregulationen beiträgt, die den Krankheitsverlauf beschleunigen.

  • Alzheimer: Monoaminylierung könnte mit neuroinflammatorischen Prozessen zusammenhängen – insbesondere durch Histamin.

  • Multiple Sklerose: Ein Zusammenhang zwischen Monoaminen, Entzündung und epigenetischer Steuerung ist auch hier denkbar.

Klinische Vision: Epigenetische Marker für Diagnose oder Prognose. Die Monoaminylierung könnte künftig als biomolekulares Frühwarnsystem dienen – zum Beispiel über eine Gewebe- oder Liquorprobe.


3. Epigenetische Diagnostik und Präzisionsmedizin

In Zukunft könnte die Analyse der Monoaminylierung Teil personalisierter Medizin werden:

  • Epigenetische Bluttests, die den Monoaminylierungsstatus analysieren

  • Stratifizierung von Patientengruppen für gezielte Therapien

  • Monitoring des Therapieerfolgs bei psychiatrischen Medikamenten

Quellenhinweis:
Die Entdeckung der Histon-Monoaminylierung wurde maßgeblich von der Arbeitsgruppe um Ian Maze am Icahn School of Medicine at Mount Sinai (New York) vorangetrieben. Ihre Arbeiten gelten als Meilenstein in der neuroepigenetischen Forschung.

MAO-A/B und ihre Funktion

Monoaminooxidasen (MAO-A und MAO-B) spielen eine Schlüsselrolle im Abbau von Monoaminen wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin – also genau den Molekülen, die für die Monoaminylierung benötigt werden.

Monoaminooxidasen sind mitochondriale Enzymec(haften an der äußeren Mitochondrienmembran), die Monoamine durch oxidative Desaminierung abbauen. Sie regulieren somit die intrazellulären Spiegel von Neurotransmittern. Es gibt zwei Typen:

  • MAO-A: bevorzugt Serotonin, Noradrenalin, Adrenalin

  • MAO-B: bevorzugt Dopamin, Phenylethylamin

  • Beide können auch Histamin abbauen (je nach Gewebe)


MAO-Überexpression vs. Monoaminylierung

Wenn MAO-A oder MAO-B überexprimiert werden – z. B. genetisch oder durch epigenetische Fehlregulation –, hat das direkte Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der Monoamine im Zellinneren:

Weniger Substrat für Monoaminylierung

  • Monoaminylierung benötigt freie Monoamine im Zellkern/Zytoplasma, um z. B. durch Transglutaminase 2 (TG2) an Histone gebunden zu werden.

  • Bei überaktiven MAO-Enzymen werden diese Monoamine schneller abgebaut, bevor sie für epigenetische Modifikationen zur Verfügung stehen.

  • Ergebnis: Reduzierte Monoaminylierung → potenziell veränderte Genexpression.


Mögliche Auswirkungen

MAO-Überexpression Mögliche Folge
Weniger Serotonin im Zellkern Geringere H3Q5ser-Serotoninylierung
Weniger Dopamin Geringere H3Q5dop-Modifikation
Veränderte Genexpression z. B. in neuronalen Entwicklungs- oder Stressantwortgenen
Epigenetische Dysregulation mögliche Rolle bei Depression, Stress, Sucht, ADHS etc.

Klinischer Kontext

  • MAO-Hemmer (MAOIs) werden seit Jahrzehnten als Antidepressiva eingesetzt – sie erhöhen Monoaminspiegel im Gehirn.

  • Neue Hypothese: Ein Teil ihrer Wirkung könnte epigenetisch vermittelt sein – durch erhöhte Monoaminylierung!

  • Das eröffnet interessante Forschungsansätze, um alte Medikamente aus neuer Perspektive zu betrachten.

Die Überexpression von MAO-A/B senkt die Verfügbarkeit von Monoaminen für die Monoaminylierung. Das kann die epigenetische Regulation durch Histon-Modifikation beeinträchtigen – mit potenziell tiefgreifenden Auswirkungen auf Stimmung, Verhalten, Stressantwort und neuronale Plastizität.

Ein neues klinisches Fenster öffnet sich

Die intrazelluläre Wirkung wasserlöslicher Hormone, nämlich die Monoaminylierung von Proteinen, wird zur Zeit intensiv erforscht.

Die Monoaminylierung ist mehr als nur ein molekularer Kuriosität – sie hat das Potenzial, ein neues Kapitel der Neuropsychiatrie und Epigenetik-basierten Therapie zu eröffnen. Noch steht vieles am Anfang, doch die Forschung liefert bereits vielversprechende Hinweise darauf, dass diese Modifikation eine Schlüsselrolle bei der Regulation von Hirnprozessen und Krankheiten spielt.

Die Entdeckung dieser neuen epigenetischen Modifikation könnte künftig auch neue Therapieansätze bei neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen ermöglichen – etwa bei Depression, ADHS oder Suchterkrankungen.

Krankheiten mit MAO-A/B-Überexpression – auf einen Blick

Erkrankung Betroffener MAO-Typ Hauptauswirkung Mögliche Folgen
Depression MAO-A Abbau von Serotonin, Noradrenalin Stimmungstief, Antriebslosigkeit
Angststörungen / PTBS MAO-A Geringe Monoaminspiegel Erhöhte Stressanfälligkeit, emotionale Überreaktion
Parkinson-Krankheit MAO-B Abbau von Dopamin, oxidativer Stress Motorische Symptome, Krankheitsprogression
Alzheimer-Krankheit MAO-B Neuroinflammation durch MAO-B in Astrozyten Gedächtnisverlust, kognitive Defizite
Suchtverhalten (chronisch) MAO-A Kompensatorische Hochregulation nach Dauerbelastung Anhedonie, verstärkte Abhängigkeitskreisläufe
Prostatakrebs, Glioblastom MAO-A Zellstressregulation, Angiogenese Tumorwachstum, Therapieresistenz
ADHS (vermutet, uneinheitlich) MAO-A Genetisch bedingte Aktivitätsunterschiede Impulsivität, Aufmerksamkeitsprobleme (je nach MAOA-Genotyp)

Was ist S-Adenosylmethionin (SAM, Ademetionin)?

S-Adenosylmethionin (SAM, Ademetionin) spielt nicht direkt bei der Monoaminylierung mit, aber indirekt könnte es eine Rolle spielen – gerade im Kontext einer MAO-Überexpression. Lass uns das Stück für Stück durchgehen.

S-Adenosylmethionin (SAM, Ademetionin) ist der wichtigste Methylgruppendonor in Zellen. Es wird benötigt für:

  • DNA-Methylierung (z. B. Gen-Silencing)

  • Histon-Methylierung (epigenetische Regulation)

  • Neurotransmittersynthese (z. B. durch Methylierung von Vorstufen)

  • Abbauprodukte von Monoaminen (über die Methylierung von Homocystein etc.)


Bei MAO-Überexpression: Was passiert?

Wenn MAO-A/B überaktiv sind, werden Dopamin, Serotonin & Co. schneller abgebaut. Dabei entsteht u. a.:

  • Wasserstoffperoxid (H₂O₂) → oxidativer Stress

  • Aldehyde → potenziell toxisch

  • Ammoniak

Die Folge: Weniger Monoamine = weniger Substrat für Monoaminylierung.


Kann S-Adenosylmethionin (SAM, Ademetionin) helfen?

Indirekt: Ja, möglicherweise – über mehrere Mechanismen:

  1. SAM fördert die Synthese von Monoaminen
    SAM ist Cofaktor in der Synthese von Neurotransmittern (z. B. bei der Umwandlung von Noradrenalin in Adrenalin)
    Kann helfen, die Monoaminspiegel zu stabilisieren oder anzuheben.

  2. SAM wirkt epigenetisch – auf MAO selbst
    Es gibt Hinweise, dass SAM die MAO-A-Expression durch DNA-Methylierung regulieren kann
    Also potenziell eine Downregulation bei überexprimierter MAO-A

  3. Schutz vor oxidativem Stress
    MAO-A/B erzeugen bei ihrer Aktivität H₂O₂ – SAM kann indirekt die antioxidative Kapazität verbessern (über Glutathion-Systeme)

SAM ist nicht direkt „vorteilhaft“ für die Monoaminylierung, weil es kein Monoamin ist und nicht am Prozess selbst beteiligt ist.

Aber indirekt kann S-Adenosylmethionin (SAM, Ademetionin) hilfreich sein, insbesondere bei:

  • MAO-Überexpression, um die Synthese von Monoaminen zu fördern

  • Reduktion von oxidativem Stress

  • Epigenetischer Regulation der MAO-Gene selbst

Ihr

Eduard Rappold

Hinweis: Diese Informationen werden zu Bildungszwecken bereitgestellt und ersetzen keinen professionellen medizinischen Rat. Wenden Sie sich immer an Gesundheitsdienstleister, um eine individuelle Beratung zu gesundheitsbezogenen Fragen zu erhalten

© 2025 Eduard Rappold. Alle Rechte vorbehalten.

SAM-e

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Dr. Eduard Rappold, MSc ist ein erfahrener Forscher und Arzt, der sich seit Jahrzehnten für geriatrische PatientInnen einsetzt. In seinem Bemühen für Alzheimer-Erkrankte eine immer bessere Versorgung zu ermöglichen, wurde er 2003 mit dem Gesundheitspreis der Stadt Wien für das Ernährungszustandsmonitoring von Alzheimer-Kranken ausgezeichnet. Im Zuge seines Masterstudiums der Geriatrie hat er seine Entwicklung des Epigenetic Brain Protector wissenschaftlich fundiert und empirisch überprüft. Im September 2015 gründete er NUGENIS, ein Unternehmen, mit dem er Wissenschaft und Anwendung zusammenbringen möchte. Damit können Menschen unmittelbar von den Ergebnissen der Angewandten Epigenetik für ihre Gesundheit profitieren. Mit dem Epigenetic Brain Protector hat Dr. Eduard Rappold, MSc bereits für internationales Aufsehen gesorgt – auf der international wichtigsten Innovationsmesse, der iENA, wurde er 2015 mit einer Goldmedaille für hervorragende Leistungen zum Schutz vor Neurodegeneration ausgezeichnet. Auf den Webseiten nugenis.eu, epigenetik.at, spermidine-soyup.com und facebook.com/nugenis können Themen zur Epigenetik und Aktuelles nachgelesen werden.