
Absolute Moral, klare Feindbilder und der Glaube an „gerechte“ Kriege – Die Rolle absoluter Moral in Religion, Politik und Ideologie
Hat die hierarchische Ordnung des Christentums westliche Moralvorstellungen und die Rechtfertigung von Kriegen geprägt?
Ein Blick auf das Massaker von Béziers (1209) und die Rolle absoluter Moral in Religion, Politik und Ideologie.
Das Massaker von Béziers (22. Juli 1209)
Die Stadt Béziers war eine Hochburg der Katharer, aber auch viele katholische Christen lebten dort. Als die Kreuzfahrer unter Simon de Montfort die Stadt belagerten, flüchteten viele Bewohner in die Kathedrale Saint-Nazaire, um Schutz zu suchen. Die Kirche wurde in Brand gesetzt, während die Menschen darin verbrannten.
Arnaud Amalric, der päpstliche Legat und geistliche Anführer des Kreuzzugs, soll auf die Frage, wie man Ketzer von Gläubigen unterscheiden solle, geantwortet haben:
„Tötet sie alle, Gott wird die Seinen erkennen.“
Der Gedanke, dass moralische „Reinigung“ auch unschuldige Opfer fordern darf, ist tief in der christlichen Kriegsführung verankert.
Die hierarchische Struktur des Christentums – mit Gott als oberster Autorität und einer klaren Ordnung darunter – hat westliche Moralvorstellungen und die Rechtfertigung von Kriegen stark beeinflusst. Diese Denkweise fördert absolute Moral, klare Feindbilder und den Glauben an „gerechte“ Kriege.
1. Die Hierarchie des Christentums: Moral als göttlich geordnete Pflicht
Gott → Kirche → Gläubige → Ungläubige
- Das Christentum basiert auf einer starken hierarchischen Ordnung:
- Gott ist die höchste Wahrheit (unfehlbar).
- Die Kirche ist die Vermittlerin von Gottes Willen.
- Die Gläubigen müssen Gottes Geboten folgen.
- Ungläubige stehen außerhalb und sind moralisch defizitär.
> Moral wird als absolut angesehen („gut“ vs. „böse“).
> Widerspruch gegen die göttliche Ordnung wird als Ketzerei betrachtet.
> Feinde des Glaubens werden nicht nur politisch, sondern auch moralisch bekämpft.
Diese hierarchische Denkweise hat den westlichen Moraldiskurs geprägt – auch außerhalb der Religion.
2. Einfluss auf moralische Vorstellungen: Westlicher Absolutismus
> Moral als göttliche Wahrheit, nicht als Verhandlungssache
- Das christliche Denken sieht Moral oft als von Gott gegeben und unveränderlich.
- Das unterscheidet es von asiatischen Philosophien (z. B. Konfuzianismus, Daoismus), die Moral als situationsabhängig betrachten.
- Beispiel: „Du sollst nicht töten“ – außer im Namen Gottes oder eines „gerechten“ Krieges.
> Gut gegen Böse: Dualismus als Denkstruktur
- Christliche Traditionen neigen dazu, die Welt in Gegensätze einzuteilen (z. B. Himmel vs. Hölle, Gott vs. Satan).
- Das fördert eine intolerante Haltung gegenüber anderen moralischen Systemen.
- Folge: Wer gegen „die Wahrheit“ ist, wird zum Feind.
Beispiele:
- Missionierungsideologie: Andere müssen „gerettet“ werden, weil nur eine Wahrheit gilt.
- Koloniale Rechtfertigung: Europäische Mächte „zivilisierten“ die Welt – im Namen Gottes und der westlichen Moral.
Diese Denkweise lebt in säkularen Ideologien weiter – z. B. in der Idee der „westlichen Werte“ als universelle Wahrheit
Typischerweise umfasst der Begriff westliche Werte folgende Prinzipien:
> Demokratie → Politische Mitbestimmung, Rechtsstaatlichkeit
> Menschenrechte → Freiheit, Gleichheit, individuelle Rechte
> Wirtschaftliche Freiheit → Kapitalismus, Marktwirtschaft
> Wissenschaft und Rationalismus → Aufklärung, Fortschrittsglaube
> Säkularismus → Trennung von Staat und Religion
> Freiheit des Individuums → Autonomie, Meinungsfreiheit
Unterschiedliche Perspektiven: Westliche Werte vs. Asiatische Werte?
Westliche Werte | Asiatische Werte (z. B. Konfuzianismus, Daoismus) |
---|---|
Individualismus | Kollektivismus |
Freiheit | Harmonie |
Demokratie | „Gute Regierung“ wichtiger als Wahlen |
Menschenrechte (absolut) | Pflichten gegenüber der Gemeinschaft |
Rationalismus | Balance und Pragmatismus |
Der Westen sieht seine Werte als universell, während andere Kulturen Werte als kontextabhängig betrachten.
Konflikte entstehen, wenn der Westen seine Werte missionarisch verbreiten will.
Sind westliche Werte real oder ein ideologisches Konstrukt?
> Westliche Werte existieren als historisch gewachsene Prinzipien, aber sie sind nicht einzigartig oder universell.
> Der Westen nutzt „westliche Werte“ oft als Machtinstrument, nicht nur als moralische Überzeugung.
> Andere Kulturen sehen Werte als dynamisch und kontextabhängig – was zu Konflikten mit dem westlichen Universalismus führt.
Der westliche Universalismus ist die Vorstellung, dass bestimmte Werte und Prinzipien (z. B. Demokratie, Menschenrechte, Wissenschaft, Individualismus) universell gültig seien und von allen Kulturen übernommen werden sollten.
Westliche Werte sind oft eine Mischung aus Ideal, Mythos und geopolitischem Werkzeug – sie existieren, aber nicht immer so, wie behauptet!
3. Einfluss auf Kriegslust: Der „gerechte Krieg“ als göttliche Mission
A) Christliche Kreuzzüge und der Krieg als moralische Pflicht
- Die Kreuzzüge (1095–1291) wurden als göttlicher Auftrag zur Befreiung des Heiligen Landes gesehen.
- Papst Urban II. versprach 1095 Sündenvergebung für alle, die kämpfen.
- Feinde waren nicht einfach Gegner, sondern Feinde Gottes.
> Krieg wurde nicht nur als Notwendigkeit, sondern als moralischer Akt angesehen.
> Wer nicht kämpfte, war moralisch schwach oder feige.
> Der Feind war nicht nur politisch, sondern auch moralisch böse.
Diese Denkweise führte zur Rechtfertigung zahlreicher Eroberungskriege im Namen Gottes.
B) Vom Religionskrieg zum ideologischen Krieg
- Die hierarchische christliche Ordnung übertrug sich auf politische Ideologien.
- Die Vorstellung vom „gerechten Krieg“ blieb auch nach der Säkularisierung bestehen.
Beispiele:
> Kolonialismus: Die „zivilisierte Welt“ musste die „primitiven Völker“ moralisch „entwickeln“.
> Kalter Krieg: Der Westen sah sich als „Bollwerk der Freiheit“ gegen das „böse“ kommunistische System.
> Kriege im Nahen Osten: Oft mit moralischen Begründungen geführt („Freiheit“, „Demokratie“, „Menschenrechte“).
Das Muster bleibt gleich: Es gibt eine „gute Ordnung“, und wer außerhalb dieser Ordnung steht, ist der Feind.
4. Unterschied zu anderen Kulturen: Asien als pragmatischer Kontrast
Christlich-abendländisches Denken | Asiatische Philosophien (z. B. Konfuzianismus, Daoismus, Buddhismus) |
---|---|
Moral ist absolut und unveränderlich | Moral ist situationsabhängig und flexibel |
Gut gegen Böse (Dualismus) | Harmonie und Balance sind wichtiger als Feindbilder |
Hierarchische Wahrheit (Gott → Kirche → Gläubige → Ungläubige) | Dezentralisierte Moral (kein allmächtiger Gott, sondern Prinzipien) |
Missionarischer Eifer, Feinde „bekehren“ | Andere Kulturen werden nicht als „falsch“, sondern als anders betrachtet |
Krieg kann moralisch sein („gerechter Krieg“) | Krieg ist ein notwendiges Übel, keine moralische Mission |
In China wird nicht argumentiert: „Unser System ist moralisch überlegen“, sondern: „Unser System funktioniert besser für unser Land“
- In westlichen Kulturen wurde Krieg oft als moralische Pflicht gesehen.
- In asiatischen Kulturen war Krieg eher eine pragmatische Notwendigkeit, die vermieden werden sollte.
- Deshalb argumentiert der Westen oft moralisch für seine Kriege – während Ostasien (z. B. China) selten Kriege moralisiert.
Die christliche Hierarchie prägt Moral und Kriegslust
> Die hierarchische Ordnung des Christentums fördert moralischen Absolutismus.
> Dies schafft eine klare „Gut gegen Böse“-Denkweise, die in politischen Ideologien weiterlebt.
> Der „gerechte Krieg“ wird als moralische Pflicht verstanden – von den Kreuzzügen bis zur heutigen Außenpolitik.
> Im Gegensatz dazu sind asiatische Philosophien pragmatischer und sehen Moral als flexibler.
Warum hat der „Westen“ ein Übergewicht an moralischer Argumentation?
Das Übergewicht von Moral in westlichen Argumentationen hat philosophische, religiöse und historische Wurzeln. Westliche Diskurse neigen dazu, universelle moralische Prinzipien zu behaupten, um politische, soziale oder wirtschaftliche Systeme zu legitimieren.
1. Ursprung: Die moralische Tradition des Westens
A) Christliches Erbe: Moral als Absolutismus
- Das Christentum – insbesondere das katholische und protestantische Denken – basiert auf einem absoluten moralischen Rahmen (z. B. „gut“ vs. „böse“).
- Begriffe wie Gerechtigkeit, Wahrheit und Menschenwürde wurden als göttlich gegebene Werte betrachtet.
- Universalitätsanspruch: Christliche Missionen verbreiteten die Vorstellung, dass bestimmte moralische Prinzipien für alle gelten müssen.
Das Denken in moralischen Absolutismen wurde tief in die westliche Kultur eingebrannt.
Diese Absolutismen blieben auch nach der Säkularisierung in der Aufklärung erhalten.
B) Aristoteles & Utilitarismus: Moral basiert auf Zwecken (Teleologie)
Aristoteles (Eudaimonia) → Der höchste Zweck ist das Glück
- Der Zweck (telos) des Menschen ist ein gutes, glückliches Leben (Eudaimonia).
- Moralische Handlungen sind nur dann gut, wenn sie zum Ziel eines erfüllten Lebens beitragen.
Utilitarismus (Bentham, Mill) → Moral basiert auf dem größtmöglichen Nutzen
- Moralische Handlungen werden nicht nach Pflicht, sondern nach Zweck bewertet.
- „Das größte Glück der größten Zahl“ → Eine Handlung ist moralisch, wenn sie den besten Zweck erfüllt.
- Beispiel: Wenn eine Lüge Leben rettet, ist sie moralisch richtig.
Moral ergibt sich aus Zwecken – wenn ein Zweck gut ist, ist auch die Handlung moralisch.
C) Aufklärung: Universalismus und moralischer Rationalismus
- Die Aufklärung (17.–18. Jh.) setzte die Tradition der christlichen Universalethik fort, aber in säkularer Form.
- Denker wie Kant, Rousseau und Locke formulierten moralische Prinzipien als universell gültig.
- Beispiel: Kants kategorischer Imperativ fordert moralisches Handeln unabhängig von Kontext und Konsequenzen.
Braucht Moral eine Zweckdimension?
A) Ist reine Pflichtethik (Kant) realistisch?
> Kant gibt uns objektive Prinzipien für Moral – aber sie sind oft zu absolut.
Moral ohne Zweck kann zu unmenschlichen Entscheidungen führen (z. B. Wahrheit um jeden Preis).
B) Ist reine Zweckethik (Utilitarismus) ausreichend?
> Moralische Entscheidungen brauchen eine Bewertung nach Nutzen und Zweck.
> Aber wenn nur der Zweck zählt, können moralische Grundsätze missachtet werden (z. B. Opfer für das „größere Wohl“).
Moral ist weder nur zweckfrei noch nur zweckabhängig – sie ist eine Balance zwischen Prinzipien und Konsequenzen!
Statt göttlicher Moral wurde nun Vernunftmoral als absolute Wahrheit angesehen.
Der Westen sieht seine Werte nicht als kulturell relativ, sondern als universell.
Westliche Moral als politisches Instrument
A) Imperialismus und Kolonialismus: „Zivilisatorische Mission“
- Kolonialmächte des 19. Jh. (Frankreich, Großbritannien) rechtfertigten ihre Expansion mit dem Argument, dass sie „unzivilisierte“ Völker moralisch und kulturell erziehen müssten.
- „White Man’s Burden“: Die Vorstellung, dass der Westen eine moralische Pflicht habe, den Rest der Welt zu „entwickeln“.
- „Menschenrechte“ wurden oft als Begründung für Interventionen genutzt.
Moral wurde zum Legitimationsmittel für geopolitische Dominanz.
Koloniale Ideologien lebten nach dem Kolonialismus weiter – heute oft als „humanitäre Interventionen“.
B) Kalter Krieg und Ideologischer Moralismus
- Im 20. Jahrhundert nutzte der Westen moralische Begriffe, um sich vom Kommunismus abzugrenzen.
- Überdefinierte Begriffe wie „Freiheit“, „Demokratie“ und „Menschenrechte“ sind ideologisch aufgeladen.
- Kapitalismus wurde als „moralisch überlegen“ dargestellt.
Westliche Politik basiert auf der Idee, dass bestimmte Systeme moralisch „besser“ seien.
Wer gegen den Westen argumentiert, wird moralisch delegitimiert (z. B. „diktatorisch“, „rückständig“).
Der Westen argumentiert mit Moral, Ostasien mit Ergebnissen – zwei völlig unterschiedliche Denkweisen!
Eduard Rappold

Dr. Eduard Rappold, MSc ist ein erfahrener Forscher und Arzt, der sich seit Jahrzehnten für geriatrische PatientInnen einsetzt. In seinem Bemühen für Alzheimer-Erkrankte eine immer bessere Versorgung zu ermöglichen, wurde er 2003 mit dem Gesundheitspreis der Stadt Wien für das Ernährungszustandsmonitoring von Alzheimer-Kranken ausgezeichnet. Im Zuge seines Masterstudiums der Geriatrie hat er seine Entwicklung des Epigenetic Brain Protector wissenschaftlich fundiert und empirisch überprüft. Im September 2015 gründete er NUGENIS, ein Unternehmen, mit dem er Wissenschaft und Anwendung zusammenbringen möchte. Damit können Menschen unmittelbar von den Ergebnissen der Angewandten Epigenetik für ihre Gesundheit profitieren. Mit dem Epigenetic Brain Protector hat Dr. Eduard Rappold, MSc bereits für internationales Aufsehen gesorgt – auf der international wichtigsten Innovationsmesse, der iENA, wurde er 2015 mit einer Goldmedaille für hervorragende Leistungen zum Schutz vor Neurodegeneration ausgezeichnet. Auf den Webseiten nugenis.eu, epigenetik.at, spermidine-soyup.com und facebook.com/nugenis können Themen zur Epigenetik und Aktuelles nachgelesen werden.