Geschichten von den Anfängen der Epigenetik und Psyche – Zweiter Teil: ein Puzzle (2)
Beweis für die chemische Übertragung der Nervenimpulse
Zu Ostern des Jahres 1921 revolutioniert ein Traum die Welt der Wissenschaft. Der Grazer Pharmakologe Otto Loewi erbringt mit einem der epochalsten Experimente in der Geschichte der Biologie den Beweis für die chemische Übertragung der Nervenimpulse.
Im 19. Jahrhundert lieferte die Entdeckung des synaptischen Spalts ein Indiz dafür, dass die Signalübertragung zwischen Nervenzellen chemisch erfolgen könnte. Die hohe Geschwindigkeit der Übertragung ließ viele Forscher dennoch an einen elektrischen Mechanismus glauben.
Nicht so Otto Loewi, der in Frankfurt geborene, später in die USA emigrierte Pharmakologe träumte nach eigener Aussage eines Nachts vom entscheidenden Experiment, wachte davon auf und setzte es sofort erfolgreich um. Dazu legte Loewi ein noch schlagendes Froschherz in eine Salzlösung und stimulierte elektrisch den Vagusnerv, was erwartungsgemäß den Herzschlag verlangsamte. Als Loewi dann ein zweites Froschherz in die gleiche Lösung legte, schlug auch dieses langsamer. Es musste also einen „Vagusstoff“ geben, der die neuronale Kommunikation vermittelt. Wie sich später herausstellte, handelt es sich dabei um den Neurotransmitter Acetylcholin.
1936 erhielt Otto Loewi gemeinsam mit seinem Freund und wissenschaftlichen Partner Sir Henry Dale den Medizin-Nobelpreis.
Abb. aus dem Pharmakologischen Institut der Universität Graz.
Loewi O, Hellauer H. Über das Acetylcholin in peripheren Nerven PflüGers Archiv FüR Die Gesamte Physiologie Des Menschen Und Der Tiere. 240: 769-775.
In einem Vortrag vor der Physiological Society in London am 21. Mai 1904 äußerte Thomas Renton Elliott , ein britischer Arzt und Physiologe, die visionäre Hypothese, Adrenalin wirke auf einen Bestandteil der Muskelzellen an deren Kontaktstelle mit den sympathischen Nervenfasern. „Adrenalin könnte das chemische Stimulans sein, das jedes Mal freigesetzt wird, wenn ein Nervenimpuls in der Peripherie ankommt.“
T. R. Elliott: On the action of adrenalin. In: The Journal of Physiology 31, 1904, S. XX–XXI.
Diese Publikation war die „Geburtsurkunde“ der chemischen Neurotransmission, der chemischen synaptischen Informationsübertragung.
Als Botenstoff des Sympathikus wies Ulf von Euler (1905–1983) 1946 das Noradrenalin nach. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Julius Axelrod (1912–2004) und Bernard Katz (1911–2003) erhielt er dafür 1970 den Nobelpreis.
Identifiziert wurde Serotonin, 5-Hydroxytryptamin (5-HT), von Vittorio Erspamer. Er isolierte in den 1930er Jahren einen Stoff aus der Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts, der die glatte Muskulatur kontrahieren lässt. Er nannte ihn „Enteramin“. 1948 isolierten Maurice Rapport, Arda Green und Irvine Page eine Blutgefäße kontrahierende Substanz und gaben ihr den Namen „Serotonin“. Die Struktur dieser Substanz, die Maurice Rapport vorschlug, konnte 1951 durch chemische Synthese bestätigt werden. Kurz darauf konnte Vittorio Erspamer zeigen, dass das von ihm gefundene Enteramin und Rapports Serotonin identisch.
Eric Kandel * 1929 in Wien, US-Amerikaner, Nobelpreisträger (2000), Ehrendoktorat der Medizinischen Universität Wien und Ehrenbürger der Stadt Wien, beschrieb die Mechanismen der synaptischen Plastizität und ihre Bedeutung für Lern- und Gedächtnisprozesse: Das Gedächtnis ist in der Struktur und Stärke der Verbindungen zwischen Nervenzellen, gespeichert.
Das Konzept der bidirektionalen Wechselwirkungen zwischen Gehirn und diffusem neuroendokrinen System im Darm
Das diffuse neuroendokrine System (DNES) fasst hormonbildende Zellen zusammen, die bestimmte Merkmale mit Nervenzellen (Neuronen) teilen und einzeln oder in kleinen Gruppen verstreut im Oberflächenepithel verschiedener Organe zu finden sind.
Abb. 1938 veröffentlichte Friedrich Feyrter an der Medizinischen Akademie in Danzig sein wegweisendes Manuskript, in dem Helle Zellen (klare Zellen) in den Gängen der Bauchspeicheldrüse und der Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts beschrieben wurden. In diesem Text wurde die Rolle dieser Zellen in dem später als diffuses neuroendokrines System klassifizierten System beschrieben.
Anthony Pearse entwickelte Ende der 1960er Jahre das histochemisch abgeleitete APUD-Konzept (Aufnahme und Decarboxylierung von Aminvorläufern), das sich auf Feyrters anatomische Beschreibung von Helle Zellen stützte.
- Feyerter. Ueber diffuse endokrine epitheliale Organe.Barth, Leipzig 1938; 2., erweiterte Auflage als: Über die peripheren endokrinen (parakrinen) Drüsen des Menschen. Maudrich, Wien 1953.
- Champaneria MC1, Modlin IM, Kidd M, Eick GN. Friedrich Feyrter: a precise intellect in a diffuse system. 2006;83(5-6):394-404.
Neuroendokrinologie des Gehirns
Für das Gehirn begann 1970 das Gebiet der Neuroendokrinologie mit der grundlegenden Entdeckung der Kommunikation zwischen Hypothalamus und Hypophyse durch Geoffrey Wingfield Harris (1913–1971) und bildete die Grundlage für das Verständnis der Gehirn-Körper-Kommunikation über das neuroendokrine System.
Harris GW (1970). Auswirkungen des Nervensystems auf die Hypophysen-Nebennieren-Aktivität . Prog Brain Res 32 : 86–88
Abb. MaoB
Mary Lilias Christian Bernheim (geborene Hare; 1902–1997) war eine britische Biochemikerin, die am bekanntesten für ihre Entdeckung des Enzyms Tyraminoxidase war, das später in Monoaminoxidase umbenannt wurde. Bernheim entdeckte das Enzymsystem der Tyraminoxidase während ihrer Promotion an der Universität von Cambridge im Jahr 1928 und ihre Forschung wurde als „eine der bahnbrechenden Entdeckungen in der Neurobiologie des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet.
Arvid Carlsson (* 1923 Uppsala/Schweden † 2018), er arbeitete gemeinsam mit Nils-Ake Hillarp, war ein schwedischer Pharmakologe, der durch seine Arbeiten mit dem Neurotransmitter Dopamin bekannt wurde. Zusammen mit Eric Kandel und Paul Greengard erhielt er im Jahre 2000 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin „für ihre Entdeckungen der Funktion des Stoffs Dopamin als Neurotransmitter zur Signalübertragung im Nervensystem“.
Sie erkannten bei ihren Forschungsarbeiten in den Jahren 1957 bis 1959 als Erste die Tatsache, dass Dopamin ein wichtiger Überträgerstoff im Zentralnervensystem ist, der für die Kontrolle von Bewegungen wesentlich ist und stellte damit einen möglichen Zusammenhang mit Morbus Parkinson her. Er erhielt für seine Arbeiten, unter anderem für die Beschreibung des Effekts von DL-Dopa auf die Reserpin-induzierte Akinese bei Kaninchen (die Arbeit wies, durch Messungen von Dopamin im Kaninchenhirn, die Entleerung der Dopaminspeicher durch Reserpin und die Wiederauffüllung durch DL-Dopa) und die Beschreibung der Dopamin Verteilung im Gehirn den Nobelpreis.
Dopamine Handbook von Leslie Iversen | OUP-Verlag, USA. 13. November 2009
Ihr Eduard Rappold
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